Presse

Ich habe die Pressestimmen zu den verschiedenen Programmen, den jeweiligen Informationen angehängt, dies schien mir sinnvoller.


Abenteuer des Heiratsunwilligen

Goethe und die Frauen: Amüsantes aus einem unendlichen Kapitel zum Auftakt des Tonarten-Festivals

Das Sasbachwaldener Tonarten-Festival startete am Freitag (3.8.2007) im Kurhaus »Alde Gott« mit einer musikalischen Goethe-Lesung. Schauspieler Christian Quadflieg beleuchtete Goethes Beziehungen zu Frauen. Die Musiker Gregor Dierck und Michael Balke begeisterten mit Sonaten von Mozart und Schubert.

07.08.2007 – Sasbachwalden. Das Thema »Goethe und die Frauen« füllt Bibliotheken. Ein Ende der Publikationsflut ist nicht in Sicht. Erst kürzlich bewegte in Weimar die Teilnehmer des ersten interdisziplinären Goethe-und-Anna-Amalia-Symposiums die Frage, ob der Dichter eine Liebesbeziehung zur Herzogin unterhalten habe. Christian Quadfliegs Liebe zu Goethe liegt in der Familie. Vater Will Quadflieg spielte 1957 den Faust in der legendären Gründgens-Verfilmung. Vom 2003 verstorbenen Sprechkünstler sind heute weiterhin ein gutes Dutzend Goethe-Hörbücher lieferbar.Christian Quadflieg, der nie vom Namen seines Vaters profitieren wollte, zeitweise benutzte er einen Künstlernamen Christian Urs, geht in Sachen Goethe eigene Wege. Zwar bieten die von ihm zusammengetragenen biographischen Daten und Fakten zum Thema nichts Neues, doch überzeugt seine Zuordnung der dazu passenden Gedichte, Briefe, Tagebuch-Notizen und Zitate aus dem Werk des Dichters.

Quadflieg geht chronologisch vor und berichtet von Goethes Liebesbeziehungen zu Käthchen Schönkopf, Friederike Brion, Lili Schönemann, Charlotte von Stein, Faustina, Christiane Goethe, geborene Vulpius, Marianne von Willemer und Ulrike von Levetzow. Käthchen »jung, hübsch, munter, liebevoll und so angenehm« war die Erste »die es wohl verdiente, in dem Schrein des Herzens eine Zeitlang als eine kleine Heilige aufgestellt zu werden,“ schrieb Goethe. In seinem Gedicht an den Schlaf bittet er den Verstand ihrer Mutter mit Mohn zu umnebeln, damit die Geliebte in seinen „giergen Arm“ sinken könne. Da Käthchens Eltern die Tochter fest im Auge behielten, wurde Goethe schließlich „der Zeitvertreib doch etwas mager“. In seiner „Kunst die Spröden zu fangen“ bilanzierte er zufrieden: „Dem Liebhaber glaubt das Mädchen immer mehr wie die Mutter“ und erkannte: „Und wären Mädchen noch so blöde, und wären Weiber noch so spröde: Doch allen wird so liebebang, bei Saitenzauber und Gesang,“ Quadflieg stellt fest, dass Goethe sich über Jahrzehnte einer Heirat durch Flucht entzog. Er genoss „die fröhlichsten Stunden des traurigen Lebens“ in vollen Zügen und erklärte genießerisch: „Es küsst sich so süße der Busen der zweiten, als kaum sich der Busen der ersten geküsst.“

Da Goethe seine Affären, Liebschaften und spätere Heirat brühwarm in seinem vielschichtigen Ouevre verarbeitete, kam der Leser in den Genuss einige der köstlichsten Perlen deutscher Dichtkunst. So vergleicht sich Goethe zum Beispiel im Gedicht „Vom Veilchen“ methaphernreich mit einer Blume, die sich nichts Schöneres vorstellen kann, als vom Busen des Liebchens „matt gedrückt“ zu werden.

Quadflieg rezitierte im sonoren, wohlklingenden Tonfall und faszinierte mit temperamentvollem Biss und feuriger Ergriffenheit. Häufig umspielte ein warmes, breites Lachen das Gesicht des Vortragenden. Das Publikum hatte ebenfalls seinen Spaß, gab es doch eine Vielzahl humorvoller Pointen.

Brillante Musiker
Die Musiker Gregor Dierck (Violine) und Michael Balke (Klavier) agierten überaus bravourös. Bei ihrem Vortrag konnten die rund 120 Besucher genussvoll entspannen. Nach Mozarts Sonaten, KV 303 und 304 begeisterte das Duo mit Schuberts 1816 entstandener Sonatine op.137. Die Vermählung zwischen Text und Musik gelang. Das Publikum applaudierte ausdauernd.
(Autor: Wolfgang Winter)

Sphärische Klänge im Sendeturm

Tonarten-Festival Sasbachwalden: Sonar-Streichquartett bot Streizug durch die Musikgeschichte

Das Konzert des Berliner Sonar-Streich-Quartetts im SWR-Funkturm auf der Hornisgrinde eröffnete einen bundesweit einzigartigen Spielort. Die Organisatoren des Sasbachwaldener Tonarten-Festivals hatten den richtigen Riecher. Alle, Besucher und Ensemble, waren am Ende hellauf begeistert.

07.08.2007 – Hornisgrinde. Die Hamburger Kammermusiker Michael Balke und Gregor Dierck machten sich vor zwei Jahren auf die Suche nach einem außergewöhnlichen Spielort. So holte Sasbachs Bürgermeister Valentin Doll das erste Tonarten-Festival nach Sasbachwalden – und riet den Initiatoren, den SWR-Funkturm in Betracht zu ziehen.

Der damalige Senderleiter, Michael Neubert, der den Turm über zwei Jahrzehnte betreute, bot spontan seine Unterstützung an. Aus Gründen der Betriebssicherheit veranlasste er eine Generalinspektion, »dass da oben nichts wackelt, oder etwa ein von der Witterung gelockertes Schräubchen nach unten saust«. Außerdem ließ er 50 Meter über den Köpfen der Besucher ein stabiles Netz spannen. Das grünlich leuchtende Netz beeinträchtigte die Optik keineswegs. Manche sahen darin ein mächtiges Auge, andere eine Sonne, der Fantasie der Beobachter waren keine Grenzen gesetzt. Irgendwo darüber brummte und heulte der Wind im Turm, ein Geräusch, das jedoch während der Musikstücke zu verstummen schien.

Im abgedunkelten, finsteren Raum spielte Klarinettist Sebastian Borsch den um 1140 von Hildegard von Bingen vertonten Psalm »Auctori vite psalmis«. Die Töne seines Instruments schienen Flügel zu bekommen und umwehten die Besucher als einen endlos in die Länge gezogenen Seufzer andachtsvoller Seligkeit. Das höchst abwechslungsreich zusammengestellte Programm bot einen in der Moderne endenden Streifzug durch die Musikgeschichte.

Neben einigen Glanzstücken der Klassik wie Mozarts Divertimento in Es-Dur oder Hadyns selten gespieltem Trio für Klarinette d’amour beeindruckten besonders die Kompositionen von di Lasso und Pachelbel. Das Sonar-Quartett mit Susanne Zapf (erste Geige), Gregor Dierck (Violine), Cosima Gerhardt (Cello) und Nikolaus Schlierf (Bratsche) spielte in wechselnden Besetzungen, in denen auch der famose Klarinettist Sebastian Borsch seinen Platz fand. Die exzellente Strichtechnik des Berliner Quartetts vom dynamischen Forte bis zum einfühlsam hingehauchten Pianissimo ist hoch zu loben.

Die unglaubliche Akustik – Neubert errechnete eine Nachhallzeit von sieben Sekunden – produzierte die seltsamsten Phänomene. In manchen Passagen schien ein unsichtbares Orchester ein zeitverzögertes Echo zu produzieren, das die Kraft der Komposition deutlich potenzierte.

Bedauerlich nur, dass den Sonars der Mut fehlte, mehr Stücke wie Johanna Magdalena Beyers reizvolle »Music of Spheres« (1939) aufzuführen. Die Komposition beginnt mit einem »Löwenschrei«, den Borsch geschickt mit einer langen Reißleine und dem Resonanzboden einer Trommel erzeugte. Das waren neue, den Möglichkeiten des Raums entsprechende Töne. Die sphärisch gezogenen, geisterhaft klagenden Klänge der Streicher beeindruckten zutiefst.

Als Zugabe folgte Bachs berühmtes »Air«, (BWV 1068) dessen lang angehaltene Akkorde und weit ausgreifende Kantilenen entzückten. Die herrliche Melodie verwandelte den Funkturm in eine moderne Kathedrale, in der die Musik einen Hauch der von Goethe bedichteten Sphärenklänge erahnen ließ. Das sichtlich ergriffene Publikum bedankte sich mit stehenden Ovationen.
(Autor: Wolfgang Winter)